Bericht des Vorbereitungstreffen II in Karlsruhe „Circus4Global Change“ am 11./12.09.2021

So viele Fragen habe ich. An mich selbst und an das Projekt. An die Zeit, die uns bevorsteht.

Wie geht es mir? Wie geht es dir?

Worauf freue ich mich? Worauf freust du dich? Worauf freuen wir uns?

Was erwarte ich von der Begegnung, die nun in kürze starten wird?

Wovor habe ich Angst? Wie können wir uns gegenseitig unterstützen?

 

Da ich beim ersten Treffen nicht dabei sein konnte und alle bisher nur online kennengelernt habe, ist es so wunderschön, das bunte Gatter vom Zirkus Maccaroni geöffnet zu bekommen und ich fühle mich direkt sehr wohl. Wir sind nun in vollständiger Besetzung: Lea, Finja, Katha, Silas, Nadine, Timo und Lotte. Für mich fühlt sich die Gruppe sehr gut an und ich bin gerne mit den anderen zusammen.

Wir haben uns schon am Freitag getroffen, um uns im Rahmen des atoll-Festivals „no pink elephants“ anzuschauen. Es ist schön, dass die ganze Gruppe so motiviert ist und wir alle einfach Lust auf Zirkus und Connection, Austausch und Input haben. Der Abend klingt gemütlich aus.

Am Samstag starten wir mit einem gemeinsamen Frühstück und dann spielen wir ein spannendes Kennenlernspiel. Es ist das „Schlüsselbund-Kennenlernspiel“. Jede*r stellt sich anhand des eigenen Schlüsselbundes vor. Ich erfahre Dinge über Fahrradschlösser, Katzen, Busse und Umzüge. Es ist ein schönes Ankommen in der Gruppe.

Und schwupps, geht es auch schon in die Planung der ersten Begegnung. Wir stehen alle um ein riesiges Plakat. Darauf zu sehen ist die Planung für die nächste Begegnung. Ganz schön viele tolle Sachen stehen an. Ein Cyrwheel Workshop in Gschwend zum Beispiel, eine Erkundungstour durch Karlsruhe mit unseren Besucher*Innen aus Costa Rica und Nicaragua. Und irgendwie muss ich einen Moment innehalten. Denn ich kann es eigentlich immer noch nicht fassen, nicht greifen, dass das wirklich ist. Trotz Corona darf das Projekt stattfinden.  Und ich bin dabei. Das ist ein so intensives Gefühl. Ich freue mich sehr auf die Zeit und fühle eine Mischung aus Dankbarkeit und „Ist-das-jetzt-wirklich-wahr“.

Nach einer gemütlichen Mittagspause (wir haben herausgefunden, dass wir alle ziemlich lange und ziemlich gemütlich zusammen schmausen können), geht es mit einem Workshop zum Thema „Diskriminierung“ von Aisha weiter.

  1. Unsere Köpfe rauchen ziemlich. Die Welt ist so crazy ungerecht und es ist immer wieder intensiv für mich, mich mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung auseinander zu setzen. Auf der anderen Seite ist es auch superschön, in den Schmerz zu gehen und die Dinge zu verändern. Denn es macht einen so großen Unterschied, wie wir miteinander reden und welche Formulierungen wir benutzen. Wie wir miteinander sind und sein wollen. Wie wir uns sehen und gesehen werden. Wie wir gesehen werden wollen. Repräsentiert. Verstanden. Gehört.  Es ist immer wichtig, sich Räume zu nehmen / zu schaffen, in denen wir uns begegnen und austauschen.

Was für mich noch einmal so klar wurde, ist unser – mein- eigener Blick auf die Dinge.

Schritte zur Diskriminierung:

Merkmal eines Menschen sehen

Merkmal einer Gruppe zuordnen

BEWERTUNG

Es liegt an mir. Es liegt an dir. Es liegt an uns. Es liegt in unseren Händen und Augen und Ohren und Worten und Blicken, wie wir als Menschen miteinander umgehen und umgehen wollen.

 

Im zweiten Teil des Workshops gehen wir in Kleingruppen und beschäftigen uns mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierungen, die im Alltag passieren. Es geht darum, Lösungen zu finden. Ich finde es schön, dass alle aus unserer Gruppe sehr souverän Lösungen finden. In Situationen selbst fühle ich mich manchmal ohnmächtig. Aber eigentlich gibt es so viele Wege, um zu handeln, sich zu empowern und stark zu sein, keinen Platz zu lassen für Shit und Diskriminierung!

Des Weiteren sensibilisiert Aisha die Gruppe noch einmal für „Herkunft“ und „Perspektive“.

Das finde ich sehr wichtig. Ich denke, dass Menschen öfter aus ihrer „Bubbel“ blicken sollten, sich selbst aus anderen Blickwinkeln und Perspektiven betrachten sollten. Dass Menschen offen sein sollten für andere Blickwinkel. Wir sind immer nur das Produkt aus den Erfahrungen, die wir selbst erlebt haben. Als Beispiel nehme ich mal meinen kleinen Bruder. Obwohl wir in dem gleichen Haus wohnen, die gleichen Geschwister haben, die gleichen Eltern, das gleiche Mittagessen essen, sammeln wir elementar unterschiedliche Erfahrungen. Mir schmecken Oliven, ihm nicht. Je größer der äußere Rahmen gesetzt ist, desto wahrscheinlicher ist es also, dass die Erfahrungen, die Menschen machen anders sind. Das liegt vor allem an äußeren Umständen und Gegebenheiten.

Im globalen Kontext betrachtet, liegt es in der Natur der Sache, dass Erfahrungen und Erlebnisse, die Menschen machen unterschiedlich sind. Auch wenn z.B. im Zirkuskontext einige Grunderfahrungen ähnlich sein können (wir haben alle schon einmal einen Ball jongliert etc.), ist es wichtig sensibel zu bleiben und immer auch in die Perspektive der Person /des Gegenübers eintauchen zu können. Und es ist so schön, dass alles bunt und anders sein darf, denn jede*s Sein darf doch bitteschön einfach sein!

Zur eigenen Reflexion im globalen Kontext hat Aisha uns folgende Fragen mit auf den Weg gegeben:

  • Wer bin ich im globalen Kontext?
  • Was ist im Umgang mit Menschen im globalen Kontext wichtig?
  • Wie kann ich meine Perspektive wechseln?

Fazit:

Sei nie zu sehr versteift, als die Person, die du denkst zu sein. Sei offen, sei fluide, sei beweglich, gebe dir nie eine Form und gebe anderen auch nie eine Form. Sei sensibel und hinterfrage dich selbst.

Am Samstag Abend treffen wir uns online mit den menschen aus Costa Rica und Nicaragua und spielen Zirkus-TIC TAC TOE auf Deutsch und Spanisch. Es ist super schön, die anderen sehen zu können und wir bilden an dem Abend noch Tridems. Pro Tridem ist eine Person aus Nicaragua, eine Person aus Costa Rica und eine Person aus Deutschland. Nun wird es langsam echt!

 

Am Sonntag spielen wir ein Rollenspiel, dass uns unter anderem darauf sensibilisiert, wie es ist, eine Sprache nicht zu verstehen. Mit ganz viel Spanisch im Ohr, ganz vielen intensiven Eindrücken von diesem Wochenende und Zuversicht und Vorfreude auf die kommende Begegnung gehen wir alle wieder unserer Wege und Freuen uns auf die kommende Zeit.

 

Text und Fotos von (Char)Lotte Regelski, Abrax Kadabrax, Hamburg